Wille

Wille
   ist die Fähigkeit des Menschen als Person, ein als Wert erkanntes Ziel aktiv anzustreben u., falls dieses Ziel mit anderen möglichen Zielen kollidiert, diese in Freiheit abzulehnen oder zurückzustellen. Das Streben der Instinkte ist nicht W.; die Vorprägung des Willens durch Determination hebt diese Entscheidungsmöglichkeit nicht in jedem Fall auf.Wird der W. als Fähigkeit verwirklicht, so daß derMensch ”etwas will“, dann erfährt er zuerst seine Erkenntnis u. zugleich damit den Willen als Moment (als den ”Verwirklichungsdrang“) an dieser Erkenntnis. Aber da der Gegenstand der Erkenntnis ursprünglich als Wert erfahren ist, erfährt der Mensch die Erkenntnis zugleich auch als Moment (als ”Erhelltheit“) des Willens. So können Erkenntnis u.Wille in ihrem gegenseitigen Bedingtsein erfahren, aber nicht bloß als zwei Momente eines einzigen Grundvollzugs der menschlichen Person betrachtet werden. Der menschliche Geist verfügt über zwei Selbstvollzüge (so wie analog Gottes Trinität die Möglichkeiten zu zwei ”Grundhervorgängen“ enthält), die nicht auf einander zurückführbar sind. Der geistigeWille desMenschen besitzt auf seineWeise dieselbe Transzendenz wie der Geist u. dessen Erkenntnis. Ohne innere Endlichkeit seines Horizonts ist er als Liebe auf das Gute schlechthin gerichtet u. ist darum Freiheit, verstanden als das liebende, nicht notwendige Streben nach einem endlichen Guten als eines nicht notwendigen Guten in der Transzendenz auf das absolute Gute hin. – In der scholastischen Theologie traten sowohl eine Vorordnung der Erkenntnis vor den Willen (”Intellektualismus“ bei Thomas von Aquin †1274 u. a.) als auch eine Vorordnung des Willens vor der Erkenntnis (Voluntarismus “ bei Johannes Duns Scotus †1308) auf. M. Luther lehrte, von Augustinus († 430) abhängig, eine Alleinwirksamkeit der Gnade (Sola gratia ) u. sagte im Zusammenhang damit, daß der menschliche W. verdorben u. unfrei sei, so daß ein Mensch von sich aus das Gute nicht tun könne. Die kath. Lehre hält zwar an der Willensfreiheit fest, aber in der Gestalt, daß auch in kath. Sicht ein Mensch ”von sich aus“ das Gute nicht tun kann, sondern nur kraft der durch die Gnade Gottes befreiten Willensfreiheit.

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

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  • Wille — Wille …   Deutsch Wörterbuch

  • Wille — Sm std. (8. Jh.), mhd. wille, ahd. willo, as. willio Stammwort. Aus g. * weljōn m. Wille , auch in gt. wilja, anord. vili, ae. willa, afr. willa. Instrumentalbildung zu wollen von der e Stufe. Außergermanisch ist etwa akslav. volja f. Wille (von… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Wille. — Wille.   In der traditionellen Psychologie wird als Wille meist das Vermögen des Menschen bezeichnet, sich bewusst für (oder gegen) eine bestimmte geistige Einstellung oder Verhaltensweise zu entscheiden. Im Unterschied zur Triebhandlung wird als …   Universal-Lexikon

  • Wille [1] — Wille (lat. Voluntas), 1) theils als allgemeiner Ausdruck für das Wollen (Voluntas), theils in der Bedeutung eines einzelnen bestimmten Willensactes (Volitio), bezeichnet dasjenige Begehren, mit welchem sich in dem Bewußtsein des Wollenden die… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Wille [2] — Wille, letzter, letzte Willensverordnung, lat. ultima voluntas. Anordnung auf den Todesfall, so viel wie Testament, Vermächtniß; widerruflich u. abänderlich bis zum letzten Lebensaugenblicke. Wille, Joh. Georg, berühmter Kupferstecher, geb. 1715… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Wille — Wille: Das gemeingerm. Substantiv mhd. wille, ahd. willio, got. wilja, engl. will, schwed. vilja ist eine Bildung zu dem unter 2↑ wollen behandelten Verb. – Abl.: willig »gerne bereit, etwas zu tun« (mhd. willec, ahd. willig), dazu willigen… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Wille [2] — Wille, die, die hintersten Piekstücke zunächst an Hintersteven …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Wille [3] — Wille, Joh. Georg, geb. 1715 in einer Mühle bei Gießen am Fuße des Diemsberges, kam als Büchsenmacher nach Strasburg, von wo er mit dem Kupferstecher G. F. Schmidt nach Paris reiste. Von Gravirungen auf Büchsenbeschlägen ging er zum Kupferstechen …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Wille [1] — Wille, im (gewöhnlichen) engern Sinne die Fähigkeit des Menschen, durch Zweckvorstellungen (Motive) sich zur Ausführung einer Handlung bestimmen zu lassen. Beim einzelnen Wollen lassen sich drei Hauptstadien unterscheiden: das Auftreten einer… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wille [2] — Wille, 1) Johann Georg, Kupferstecher, geb. 5. Nov. 1715 auf der Obermühle am Dimsberg bei Gießen, gest. 5. April 1808 in Paris, lernte das Büchsenmacherhandwerk, wurde später in Straßburg mit dem Kupferstecher G. F. Schmidt bekannt, ging mit ihm …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Wille — Wille, Joh. Georg, Kupferstecher, geb. 5. Nov. 1715 zu Königsberg bei Gießen, lebte seit 1736 in Paris, gest. das. 7. April 1808; Stiche bes. nach Rigaud und holländ. Malern des 17. Jahrh …   Kleines Konversations-Lexikon

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